Pressemitteilung vom 21.10.2024

Projektstart HoTKaST:
Neudesign von Füll­kammern für ressourcen­effizienten Kalt­kammer­druckguss

Das Projektkonsortium rund um den Lehrstuhl Digital Additive Production DAP der RWTH Aachen beschreitet mit HoTKaSt neue Wege im Kaltkammerdruckguss. Ziel ist es, den Ressourceneinsatz und entsprechende CO2-Emissionen im Druckgussverfahren durch ein Neudesign der Füllkammer und verschleißbeständige Oberflächen drastisch zu reduzieren. Das Projekt wird über 2 Jahre mit mehr als 750.000 € vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF gefördert.

Der Kaltkammerdruckguss wird in diversen Industriezweigen, wie dem Mobilitätssektor, zur Herstellung von Leichtbaukomponenten aus Aluminium genutzt. Im horizontalen Druckgussverfahren ist die Standzeit der Füllkammer und des Kolbens jedoch durch prozessbedingten Verzug und Verschleiß stark verkürzt. Produktionsausfälle, hoher Ressourceneinsatz und erhöhte Ausschussraten stellen die Branche vor beträchtliche Herausforderungen im Hinblick auf verschärfte Umweltauflagen und Kosteneffizienz.

Das Projekt „HotKaSt – Homogene Temperierung der Füllkammer im Kaltkammerdruckguss zur Steigerung der Ressourceneffizienz“ verfolgt das Ziel, diese Herausforderungen unter Einsatz des Laserauftragschweißens (DED-LB/M) durch ein Neudesign und verschleißbeständige Innenflächen der Füllkammer zu lösen. Das Einsparpotential im Bereich des Ressourceneinsatzes wie auch der CO2-Emissionen ist dabei enorm.

Reibung zwischen Kolben und Füllkammer: Ursachen und Folgen

Im horizontalen Druckgussverfahren wird Schmelze in eine Füllkammer eingebracht und von einem Kolben unter hohem Druck (bis zu 600 bar) in einen Formhohlraum gepresst. Durch das Befüllen der Füllkammer mit Schmelze bei einem Füllgrad von 30 – 60 % wird die Unterseite auf Temperaturen von bis zu 600 °C erhitzt. Im Gegensatz dazu erwärmt sich die Oberseite der Füllkammer nur langsam und in deutlich geringerem Maße, was zu einer ungleichmäßigen Temperaturverteilung führt. Dies verursacht Verformungen im Durchmesser: Bei einer Kammer mit einem Kolbendurchmesser von 120 mm kann es zu einer Durchmesserveränderung von bis zu 0,4 mm sowie einer Längenänderung von etwa 2 – 4 mm kommen. Zudem entstehen durch diese Reibung Turbulenzen in der Schmelze während des Formfüllvorgangs, die die Ausschussrate deutlich erhöhen. Derzeit wird diesem Problem durch den Einsatz großer Mengen an Kolbenschmierstoffen entgegengewirkt, die jedoch eine erhebliche Umweltbelastung darstellen und zudem negative Auswirkungen auf die Qualität des Druckgussteils haben können.

Optimierung der Füllkammer

Das HoTKaSt-Projektteam entwickelt daher ein neues Design der Füllkammer, das eine homogene Temperaturverteilung und damit einen verringerten Verzug sicherstellt. Das Neudesign der Füllkammer, bei dem sowohl außenliegende Kühlkanäle als auch verschiedene Beschichtungen mittels Laserauftragsschweißen zum Einsatz kommen, bietet eine wirtschaftliche und ressourceneffiziente Lösung zur Homogenisierung der Temperierung der Füllkammer und damit zur Reduzierung des Verzugs.

Im Laserauftragschweißen wird die Oberfläche der Füllkammer durch Laserstrahlung lokal erhitzt, wodurch ein Schmelzbad entsteht. Gleichzeitig wird über eine Düse pulverförmiger Zusatzwerkstoff präzise zugeführt. Dieser Zusatzwerkstoff wird ebenfalls durch den Laser geschmolzen und kontrolliert mit einem Inertgas in das Schmelzbad eingebracht. Dadurch entsteht eine schmelzmetallurgisch angebundene funktionale Beschichtung auf dem Substrat.

Darüber hinaus wird ein Schichtsystem entwickelt, das sowohl zur stationären Temperierung der Füllkammer beiträgt als auch die Verschleißbeständigkeit der Innenoberflächen signifikant erhöht. Die Verschleißschutzschicht muss dabei hohe Härte und Zähigkeit kombinieren, um dem hohen Kolbendruck und den gleichzeitig wirkenden thermisch-mechanischen Belastungen standzuhalten. Hierzu werden verschiedene Materialpaarungen mittels Laserauftragschweißen aufgebracht, die mit herkömmlichen Beschichtungsverfahren nicht oder nur unter hohem Aufwand realisiert werden können.

Jährlich tonnenweise CO2 einsparen

Die Kombination aus homogener Temperaturverteilung und verschleißbeständiger Innenoberfläche soll die Standzeiten der Produktionskomponenten signifikant erhöhen und den Ausschuss maßgeblich reduzieren. Die Formstabilität der Füllkammer soll außerdem einen dichten Sitz zwischen Kolben und Kammer garantieren, durch den der Einsatz von fossilen Schmierstoffen nahezu überflüssig wird; ein Druckgießunternehmen mit acht Gießmaschinen, wie Projektpartner AMZ, setzt dazu jährlich ca. 1700 Liter Schmierstoff ein.
Laut Angaben der Energie- und Umweltagentur GmbH betrug der Jahresbedarf an Aluminium in Deutschland für das Druckgießen im Jahr 2019 mehr als 600.000 Tonnen. Durch die angenommene Ausschussminderung um 8 % ergibt sich ein Einsparpotenzial von rund 50.000 Tonnen Rohmaterial und mehr als 480.000 Tonnen CO2. Dieser CO2-Ausstoß entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von etwa 160.000 deutschen Haushalten bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 3.300 kWh pro Haushalt pro Jahr.
Von den Auswirkungen des Neudesigns der Füllkammern im Kaltkammerdruckguss profitieren sowohl die Umwelt als auch die Unternehmen. Die innovative Kombination aus optimiertem Temperaturmanagement und verschleißbeständigen Oberflächen steigert die Ressourceneffizienz, senkt die Produktionskosten und fördert die Nachhaltigkeit. Die Projektergebnisse sollen den Weg für eine umweltfreundlichere und effizientere Produktion ebnen – auch über das Druckgussverfahren hinaus.

Das Projektkonsortium:

• G-S-D Gerhard Schoch Druckgießtechnik GmbH & Co.KG
• Aage GmbH – Aalener Gesellschaft für Leichtbauteile
• AMZ Weissenseer Präzisionsguss GmbH
• RWTH Aachen Lehrstuhl Digital Additive Production DAP

Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „KMU Innovativ – Ressourceneffizienz und Klimaschutz“ (Förderkennzeichen 033RK113B) gefördert und vom Projektträger Jülich (PTJ) betreut.

Bild 1: In-situ-Pulverzufuhr und LPBF-ähnliche Abkühlraten machen das EHLA-Verfahren für Untersuchungen im Bereich Rapid Alloy Development (RAD) interessant. | Image 1: In situ powder supply and LPBF-similar cooling rates make the EHLA process interesting for investigation in the field of Rapid Alloy Development (RAD). © RWTH DAP / Irrmischer.

Bild 1: Das Laserauftragschweißen ist Keyenabler des Neudesigns der Füllkammer.
© RWTH DAP / Irrmischer.

Bild 2: Schliffbilder im lichtmikroskopischen Schliffbild: a) EHLA-Schmelzbad mit 100facher Vergrößerung  b) LPBF-Schmelzbad mit 500-facher Vergrößerung.  |  Image 2:  a) EHLA melt pool in light microscope (LOM) micrograph with a magnification of 100x  b) LPBF melt pool in LOM micrograph with a magnification of 500x. © RWTH DAP.

Bild 2: Verschleiß einer Füllkammer, verursacht durch thermisch-mechanische Belastungen im Prozess.
© G-S-D GmbH & Co. KG.

Bild 3: a) Rasterelektronenmikroskopische (REM) Aufnahme der dendritischen Struktur von Proben, die mit Standard-LPBF-Prozessparametern hergestellt wurden,  b) REM-Aufnahme der dendritischen Struktur von Proben, die mit Standard-EHLA-Prozessparametern hergestellt wurden  c) REM-Aufnahme der dendritischen Struktur von EHLA-Proben mit einer reduzierten Prozessgeschwindigkeit von 20 m/min,  d) REM-Aufnahme der dendritischen Struktur von EHLA-Proben mit einer erhöhten Prozessgeschwindigkeit von 150 m/min |  Image 3:  a) Scanning Electron Microscope (SEM) image of dendritic structure obtained in samples produced with standard LPBF-process parameters b) SEM image of dendritic structure obtained in samples produced with standard EHLA process parameters c) SEM image of dendritic structure obtained in EHLA-samples with a reduced process speed of 20 m/min d) SEM image of dendritic structure obtained in EHLA-samples with an increased process speed of 150 m/min  © RWTH DAP.

Bild 3: Beschichtungsprozess der innenliegenden Oberflächen mittels Laserauftragschweißen (DED-LB/M).
© RWTH DAP / Irrmischer.

Marie Bode, M.Sc.

Marie Bode, M.Sc.

RWTH Aachen University
Chair Digital Additive Production DAP
Campus-Boulevard 73
52074 Aachen

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