Pressemitteilung vom 19.03.2024
ProCloud3D: Entwicklung cloudbasierter Plattform für eine sichere dezentralisierte Additive Fertigung
Aachen, 19. März 2024 – Der Lehrstuhl Digital Additive Production DAP der RWTH Aachen entwickelte in einem deutsch-chinesischen Projektkonsortium die Architektur für eine sichere cloudbasierte Plattform, über die Produktionsdaten für das laserbasierte Powder Bed Fusion von Metallpulver (PBF-LB/M) verschlüsselt und in Echtzeit übertragen werden können. Die erzielten Projektergebnisse des ProCloud3D-Projektes, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF, legen einen Grundstein für die sichere, dezentralisierte Additive Fertigung.
Industrial Metaverse, Smart Services, Digitalisierung: Megatrends der produzierenden Industrie, in die sich die Additive Fertigung mit der Umsetzung eines digitalen Modells in ein physisches Bauteil nahtlos integriert. Eine Schlüsselfunktion zur effizienten Umsetzung dieser Konzepte ist die Cloud. Sie bietet die notwendige Infrastruktur, um Daten ortsunabhängig und in Echtzeit zu verarbeiten, zu speichern und sicher zu teilen. Das Konsortium rund um das ProCloud3D-Projekt hat diese Infrastruktur für die Additive Fertigung sicher verfügbar gemacht.
Sicherheit als Bottleneck der Dezentralisierten Produktion
Die EHLA- und LPBF-Prozesse unterscheiden sich vor allem durch die Art der Pulverzufuhr und den Ort des Laserenergieeintrags (Laserspot): Im LPBF-Prozess wird das Pulver global in einer Pulverschicht aufgetragen und der Laserspot wird auf die Oberfläche der Pulverschicht fokussiert. Im EHLA-Prozess wird das Pulver lokal über einen Pulvermassenstrom, der durch eine Düse zugeführt wird, aufgetragen. Der Pulverfokus befindet sich etwas oberhalb der Beschichtungsoberfläche, ca. 1 mm. Dadurch können individuelle Legierungen gefördert und vor dem Auftrag in-situ separat gemischt werden.
Aus Sicht des Endanwenders wird die additive Bauteilfertigung zunehmend zu einer ausgelagerten Dienstleistung. Zur Fertigung der Komponenten muss der Endanwender die Designdaten des Bauteils mit einem Dienstleister teilen. Da das Vorliegen eines digitalen Designmodells genügt, um eine physische Kopie zu erzeugen, ist dieser Vorgang besonders schützenswert. Die Lösung liegt im schichtweisen Transfer der Produktionsdaten direkt auf die PBF-Anlagen des Dienstleisters im laufenden Druckprozess, auch als Stream bezeichnet. Dabei muss jedoch sichergestellt sein, dass die Daten weder abgegriffen, kompromittiert oder manipuliert werden können und nur die Anzahl an Komponenten gefertigt wird, die angefragt wurde. Darüber hinaus müssen die Daten zu einem Fertigungsauftrag zusammengestellt werden und für den Fertigungsprozess aufbereitet sein.
Entwicklungsansatz der ProCloud3D-Plattform
Vor diesem Hintergrund entwickelten die Forschenden zunächst einen Slicer zur Echtzeit- Generierung von Maschinensteuerungs-Code aus den Baujob-Informationen. Die Architektur der ProCloud3D-Plattform nutzt als Basis hierzu das Open Vector Format, entwickelt von Forschenden des Lehrstuhls DAP und des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT. Das Format unterstützt unter anderem die flexible Steuerung von Lasern mit Galvanometerscannern, die Verwaltung multipler Scanfeldarrays und die Erweiterung um zusätzliche Maschinenachsensteuerungen. Aufbauend auf dem OVF wurde ein Streaming Protokoll entwickelt, das einen effizienten Echtzeit-Transport von PBF-LB Produktionsdaten sowie relevanten Metadaten für verschiedene PBF-Anlagen gewährleistet. Das Protokoll beinhaltet sowohl einen sicheren Datentransport als auch eine Datenverschlüsselung. Mithilfe eines DAP-eigenen, hoch performanten Nesters können Baujobs aus mehreren Bauteilen automatisiert generiert werden. In einer cloudbasierten Nutzeroberfläche werden die Funktionalitäten ganzheitlich integriert und visualisiert. Teil dieser Lösung ist ein digitales Rechtemanagement entlang der abgebildeten Liefer- und Prozesskette. Die Datenströme sind end-to-end verschlüsselt. Hardwareseitig verarbeitet eine im Projekt entwickelte Anlagenschnittstelle die schichtweisen Steuerungsbefehle aus der Cloud. Durch das Streaming Protokoll ist dabei festgelegt, wer Zugriff auf die Daten erhält und in welcher Menge die bestellten Bauteile gefertigt werden dürfen.
We have a Stream!
Unter Nutzung dieser entwickelten Cloudlösung konnte die Fertigung eines Demonstrators über den sicheren Stream erfolgreich durchgeführt werden (Bild 1 und 2). In einem nächsten Schritt soll die cloudbasierte Plattform für die dezentralisierte Additive Fertigung massentauglich werden. Die entwickelte Hardwareschnittstelle soll für diverse Anlagenhersteller befähigt werden. Außerdem soll eine universell einsetzbare cloudbasierte Software-Dienstleistung für das herstelleradaptierte PBF-LB/M zugänglich gemacht werden.
Die entwickelte Cloudlösung soll Unternehmen verschiedenster Branchen in Zukunft eine bahnbrechende Möglichkeit bieten: Durch das Auslagern der Fertigungsprozesse auf eine speziell dafür geschaffene sichere, cloudbasierte Plattform, wird es möglich, ohne die bisher erforderlichen hohen Investitionen in PBF-Anlagen oder den umfangreichen Aufbau von spezifischem Prozess-Knowhow direkt auf die Potenziale der Additiven Fertigung zuzugreifen. Diese Lösung dient als Katalysator für die Implementierung der Additiven Fertigung, indem sie Unternehmen befähigt, ihre Produktion effizient und sicher zu digitalisieren und auszulagern.
Weitere Informationen zu den Projektergebnissen erhalten kurzentschlossen Interessierte am 20. März 2024 in Karlsruhe auf der Veranstaltung „IT-Security im Manufacturing: Nutzen oder Not im Mittelstand?“.
Link zur Veranstaltung: www.dap-aachen.de/qlkb
Das Projektkonsortium:
• WIBU-Systems AG
• LMI – Laser Melting Innovations GmbH & Co. KG
• RWTH Aachen Lehrstuhl Digital Additive Production DAP
• Beijing University of Technology
• BLT: Xi’an Bright Laser Technologies Co., Ltd.
• Nanjing 1001 automation technology co. LTD.
• Beijing aerospace smart manufacturing technology development Co., Ltd.
Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ (Förderkennzeichen 02P18X010) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut.
Bild 1:
Logo des ProCloud3D-Projektes per Stream über die entwickelte cloudbasierte Plattform gefertigt.
© RWTH DAP.
Bild 2:
Direkt aus der Anlage: Weitere Logovariante des ProCloud3D- Projektes per Stream über die entwickelte cloudbasierte Plattform gefertigt.
© RWTH DAP.
Moritz Kolter, M. Sc.
RWTH Aachen Lehrstuhl
Digital Additive Production DAP
Oberingenieur
Campus-Boulevard 73
52074 Aachen
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